Heiratszwang: Michael und Anna laden ein
Die Berliner Agentur Wigwam kreierte für die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung eine aufsehenerregende Dialog- und Content-Marketing-Kampagne gegen Kinderzwangsehen: Heiraten ist kein Kinderspiel!
Auf den ersten Blick sieht alles nach einer typischen Hochzeit aus. Ein Paar – Michael und Anna aus Berlin – wird am 5. Juni heiraten und lädt ihre Gäste ein. Für nähere Informationen gibt es eine Webseite: www.michael-und-anna.de. Sie wirkt freundlich und einladend. Bei genauer Lektüre kommen Zweifel auf: Handelt es sich tatsächlich um eine normale Hochzeit? Michael hält bei Annas Vater um ihre Hand an, ohne dass sie etwas davon ahnt und der Geschenktisch bei Amazon ist eher verstörend. Neben einem Puppenhaus wünscht sich das Paar Handschellen, ein Buch über die Therapie nach sexueller und emotionaler Gewalt sowie einen Schwangerschaftstest. Zudem ist das komplette Hochzeitsprogramm auf Kinder ausgerichtet. So werden verschiedene Spiele und sogar eine Hüpfburg angeboten. Dann folgt die Erklärung: Anna ist 14 Jahre alt und möchte nicht heiraten. Ihr zukünftiger Mann ist fast 40. Es handelt sich um eine Zwangsehe. Es finden täglich mehr als 40.000 Zwangshochzeiten statt. Minderjährige Mädchen werden ungewollt verheiratet. Viele von ihnen sind jünger als 15 und wollen nicht heiraten. Man beraubt sie ihres freien Lebens – Schulabbrüche und frühe Schwangerschaften sind die Folge dieser Hochzeiten.
Das Datum der fiktiven Hochzeit ist bewusst gewählt. Hier soll eine noch unbekannte Aktion am Roten Rathaus in Berlin stattfinden, um das Problem Kinderzwangsehen in der Öffentlichkeit zu thematisieren. Über die Webseite kann ein vorgefertigter Brief an Angela Merkel geschickt werden, der auf die Missstände hinweist. So versucht die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung, auf die Politik Einfluss zu nehmen. Denn am 7. und 8. Juni findet auf Schloss Elmau der G7-Gipfel statt. Ein geplantes Thema des Gipfels ist: „Stärkung von Frauen bei Selbstständigkeit und beruflicher Bildung“. Wigwam schafft es mit der Kampagne mehr als gekonnt die Aufmerksamkeit auf das Problemthema zu lenken.