Wer lügt, gewinnt
Zum sechsten Mal vergibt die Verbraucherorganisation foodwatch den Negativpreis „Goldener Windbeutel“. Bis Ende September können wir online die „dreisteste Werbelüge des Jahres“ wählen. Große Namen stehen zur Wahl – foodwatch bemüht starke Begriffe. Der Mehrwert bleibt fraglich.
Werbung beeinflusst. Mittel und Zielgruppe variieren, Ziel ist immer: Positive Botschaften mit einem Produkt verbinden. Handelt es sich um ein fragwürdiges Produkt, wirken positive Botschaften irreführend. Foodwatch spricht in diesem Fall von Lüge, Frechheit und perfidem Schwindel. Dieses Jahr können die Presseabteilungen von Coca-Cola, Unilever, Coop, Mondelez und Nestlé schon mal Gegenargumente sammeln. Die Nominierten haben schnödes Wasser als besonders gesund deklariert und Hühnersuppe ohne Huhn beworben. Laut Pressemeldung will foodwatch mit seiner PR-Kampagne Firmen „nicht an den Pranger stellen“ – und tut genau das. Vordergründig soll irreführende Werbung offengelegt werden. Dabei ist die Kritik grundsätzlicher: Einzelne Firmen werden vorgeführt, da Strukturen nicht verändert werden können. Das Problem ist nicht die Werbung mit positiven Botschaften für zweifelhafte Produkte. Das Problem sind zweifelhafte Produkte. Konsequenter wäre: Keine Botschaften anprangern, sondern Produktionsverbote fordern. Das würde nicht den Einzelnen treffen, wenn es um Grundsätzlichkeiten geht.
Die Organisation foodwatch betreibt wichtige Aufklärung: Wirksame Lebensmittelkontrollen sind bis heute Mangelware. Die Windbeutel-Wahl hingegen bleibt ein fragwürdiges PR-Instrument. Sie fungiert als Pranger einer konsequenzlosen Empörungskultur – Günter Wallraff lässt grüßen.